Die Gnade der Geburt vor Current Year

Das Model auf der Titel­sei­te des aktu­el­len Play­boy, Han­na Sökeland, ist les­bisch und hat Kind­heits­er­in­ne­run­gen, wie man sie von vie­len Les­ben, unter umge­kehr­ten Vor­zei­chen von Schwu­len und in gerin­ge­rem Umfang auch von Hete­ro­se­xu­el­len gele­gent­lich hören kann. Sie war als Kind kein typi­sches Mädchen:

Als klei­nes Kind habe ich eher mas­ku­lin gewirkt und mich oft wie ein Jun­ge geklei­det. Die femi­ni­ne Sei­te habe ich erst spät an mir ent­deckt. Als mei­ne jün­ge­ren Schwes­tern ange­fan­gen haben, sich zu schmin­ken, fand ich das irgend­wie schön und woll­te das auch machen. Heu­te mag ich bei­de Sei­ten total ger­ne an mir und woll­te die neu ent­deck­te mög­lichst weit ausreizen.

Kein Pro­blem, soll­te man mei­nen. Aber dank Gen­der­ideo­lo­gie und dahin­ter Que­er Theo­ry wird es heu­te für vie­le zum Problem.

Sökeland hat Glück, dass sie Mit­te der 90er gebo­ren wur­de und nicht 20 Jah­re spä­ter. Heu­te wird ein mas­ku­lin wir­ken­des Mäd­chen schnell für »trans« erklärt.

OBSESSED with this video!! So per­fect­ly said. Many, MANY of us would have been tran­sed if we grew up today. Ter­ri­fy­ing to think about. We must save the­se child­ren. #Gay­sA­gainst­G­roo­mers pic.twitter.com/TqVEl26F8I

— Gays Against Groo­mers (@againstgrmrs) August 13, 2022

»Gender Affirmative Health Care«

Vie­le Main­stream-Infor­mier­te wür­den jetzt wahr­schein­lich den­ken, ich sei ver­rückt oder wol­le mit Des­in­for­ma­ti­on auf­het­zen. Aber es ist wirk­lich so. Und es ist unfass­bar. Wahr­schein­lich kommt es den­je­ni­gen, die das betrei­ben, sogar zugu­te, dass es so unfass­bar ist, weil es des­we­gen eben auch schwer zu glau­ben ist und die meis­ten Men­schen auf­grund ihres Ver­trau­ens in Exper­ten und Insti­tu­tio­nen nie auch nur in Betracht zie­hen wür­den, dass etwas so Wahn­sin­ni­ges unter ihrer Ägi­de abläuft.

Wir haben einen explo­si­ons­ar­ti­gen Anstieg der Zahl der Kin­der und Jugend­li­chen, die sich als »trans« iden­ti­fi­zie­ren. Die meis­ten davon sind Mäd­chen. Frü­her, bevor die­ser Trend ein­setz­te, waren Trans­se­xu­el­le über­wie­gend erwach­se­ne Män­ner, die sich als Frau fühl­ten. Helen Joye schreibt in ihrem Buch »Trans«:

Im Jahr 1989, als die Tavi­stock-Kli­nik eröff­ne­te, wur­den zwei Per­so­nen mit Geschlechts­dys­pho­rie ein­ge­wie­sen, bei­des Jun­gen. 2020 waren es 2.378 Ein­wei­sun­gen, fast drei Vier­tel davon Mäd­chen und die meis­ten Teenager.

2019 schrieb der Spie­gel zu einem Inter­view mit dem Kin­der­psych­ia­ter Alex­an­der Korte:

Wie vie­le trans­se­xu­el­le Jun­gen und Mäd­chen in Deutsch­land leben, weiß nie­mand genau. In Mün­chen jeden­falls hat sich die Zahl der Dia­gno­se »Gen­der­dys­pho­rie« seit 2013 ver­fünf­facht. In den USA hal­ten sich laut der Uni­ver­si­ty of Cali­for­nia in Los Ange­les etwa 150.000 Teen­ager im Alter von 13 bis 17 für trans­gen­der. Prä­zi­se Zah­len gibt es aus Groß­bri­tan­ni­en. Dort baten vor neun Jah­ren 97 Kin­der und Jugend­li­che den Gen­der Iden­ti­ty Deve­lo­p­ment Ser­vice um Hil­fe, das ist die natio­na­le Anlauf­stel­le für Trans­kin­der. Im Zeit­raum 2017/18 mel­de­ten sich 2519. Auch die Zahl geschlechts­an­glei­chen­der Behand­lun­gen ist deut­lich gestie­gen, etwa an der Lau­rels Cli­nic in Exe­ter – in neun Jah­ren von 21 auf 867. Auf der War­te­lis­te stan­den zuletzt 988 Patienten.

Sibyl­le Win­ter, Lei­te­rin der inter­dis­zi­pli­nä­ren Sprech­stun­de für ­Fra­gen der Geschlechts­identität im Kin­des- und Jugend­al­ter an der Ber­li­ner Cha­ri­té, neu­lich in der FAZ:

Wir haben sehr vie­le Anfra­gen – nicht nur aus Ber­lin, auch aus Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Sach­sen-Anhalt. Wir haben eine sehr, sehr lan­ge War­te­lis­te, die Zah­len haben sich in den letz­ten Jah­ren sicher­lich ver­dop­pelt, wir kön­nen gar nicht alle Jugend­li­chen aufnehmen.

Die offi­zi­el­le Les­art ist, dass es die­se vie­len Trans­se­xu­el­len schon immer gab und dass sie sich dank des Wir­kens der Gen­der Stu­dies erst jetzt her­vor­wa­gen. Eine zwei­fel­los zuläs­si­ge Hypo­the­se, die zu prü­fen wäre. Lei­der geschieht die­se Prü­fung nicht, son­dern man legt sich ein­fach dar­auf fest, das zu glau­ben, und jagt jeden in die Wüs­te, der es wagt, eine ande­re Erklä­rung vorzuschlagen.

Die Stu­di­en­la­ge zeigt (sie­he auch hier), dass Geschlechts­dys­pho­rie, also das Unwohl­sein mit dem Geschlecht, bei 80 bis 95 Pro­zent aller davon betrof­fe­nen Kin­der bis zur Ado­les­zenz von selbst wie­der ver­schwin­det. Bei vie­len davon sind Dys­pho­rie und geschlechts­un­ty­pi­sche Ver­hal­tens­wei­sen in der Kind­heit ledig­lich ein frü­hes Anzei­chen von Homo­se­xua­li­tät. Han­na Sökeland ist ein Bei­spiel für beides.

Helen Joye:

… Seit­dem haben sich ein wei­te­res Dut­zend Stu­di­en in ver­schie­de­nen Län­dern mit Kin­dern beschäf­tigt, die unter dem Gefühl lit­ten, dem ande­ren Geschlecht anzu­ge­hö­ren, das heu­te als Geschlechts­dys­pho­rie bezeich­net wird. In jeder ein­zel­nen ist die Mehr­heit aus der Dys­pho­rie her­aus­ge­wach­sen, und eine Mehr­heit davon wie­der­um wur­de im Erwach­se­nen­al­ter schwul. Die jüngs­te und bes­te die­ser Stu­di­en wur­de im März 2021 ver­öf­fent­licht und hat 139 Jun­gen ver­folgt, die zwi­schen 1975 und 2009 in einer Toron­to­er Kli­nik behan­delt wur­den und von denen zwei Drit­tel die kli­ni­schen Kri­te­ri­en für eine Dia­gno­se mit Geschlechts­dys­pho­rie erfüll­ten. Sie ergab, dass mehr als 90 Pro­zent spä­ter kei­ne Dys­pho­rie mehr hat­ten und sich mit ihrem Geschlecht ver­söhn­ten, im All­ge­mei­nen vor oder früh in der Pubertät.

Heu­te gilt aber die Dok­trin der »Gen­der Affir­ma­ti­ve Health Care«. Wenn ein Kind oder Jugend­li­cher behaup­tet oder ver­mu­tet, »trans« zu sein, also eine von sei­nem bio­lo­gi­schen Geschlecht abwei­chen­de Geschlechts­iden­ti­tät zu haben, darf nie­mand das in Fra­ge stel­len. Das gilt dann ein­fach als gesetzt.

Sibyl­le Win­ter von der Charité:

Wenn wir das nicht infra­ge stel­len, kön­nen die jun­gen Men­schen eige­ne Unsicher­heiten zulas­sen und ihren Weg fin­den. Ihre sub­jek­ti­ve Ein­schät­zung ist für uns maß­geb­lich. Dabei ist die Hal­tung wich­tig, dass Trans­se­xua­li­tät heu­te nicht mehr als Krank­heit gese­hen wird, wie man frü­her noch dach­te. Son­dern ein sub­jek­ti­ves Gefühl. Für uns bedeu­tet das: Wir prü­fen nicht, wir stel­len es nicht infra­ge. Wir schau­en nicht, ob es wirk­lich so ist.

Nun wer­den Min­der­jäh­ri­ge wegen die­ses sub­jek­ti­ven Gefühls nicht gleich ope­riert. Doch wenn die Puber­tät naht, stellt sich unter Zeit­druck die Fra­ge, ob Puber­täts­blo­cker gege­ben wer­den, um die Aus­prä­gung von Geschlechts­merk­ma­len zu unter­bin­den. Damit wird eine Wei­che gestellt. Bei jün­ge­ren Kin­dern ist es in den USA bereits Pra­xis, erst ein­mal »pro­be­wei­se« eine »sozia­le« Tran­si­ti­on zu voll­zie­hen, etwa durch einen Wech­sel des Namens und der Pro­no­men in der Schu­le und im Bekann­ten­kreis. Schu­len machen das auch ohne das Wis­sen und gegen den Wil­len der Eltern.

Helen Joy­ce:

Die­ser »gen­der-affir­ma­ti­ve« Ansatz wird von ein­fluss­rei­chen Ärz­ten ver­tre­ten. Dazu gehört Dia­ne Ehren­saft, Direk­to­rin der Gen­der-Kli­nik am Kin­der­kran­ken­haus San Fran­cis­co der Uni­ver­si­ty of Cali­for­nia, die im Vor­stand von Gen­der Spec­trum sitzt, einer Akti­vis­ten­grup­pe in San Fran­cis­co. Ihr Buch The Gen­der Crea­ti­ve Child ist eine Anlei­tung für frü­he Tran­si­tio­nen. Auf einer Ver­an­stal­tung von Gen­der Spec­trum im Jahr 2016 behaup­te­te Ehren­saft, dass ein Klein­kind mit non­ver­ba­len »Gen­der-Bot­schaf­ten« sei­nen Eltern eine Tran­si­den­ti­tät signa­li­sie­ren kön­ne. Ein männ­lich gebo­re­nes mag zum Bei­spiel die Trä­ger sei­nes Stram­pel­an­zugs lösen, um die­sen wie ein Kleid aus­se­hen zu las­sen; ein weib­li­cher mag sich die Haar­span­gen vom Kopf pflü­cken. Sie behaup­tet, Kin­der wüss­ten im zwei­ten Lebens­jahr, ob sie trans­gen­der sind – tat­säch­lich »wis­sen sie es wahr­schein­lich schon frü­her, aber das ist vor­sprach­lich«. Sie hat Eltern ermu­tigt, schon Kin­der im Alter von drei Jah­ren sozi­al zu transitionieren.

Den Eltern prä­sen­tiert man sowohl die sozia­le Tran­si­ti­on als auch Puber­täts­blo­cker als leicht umkehr­bar. Doch in Wirk­lich­keit sind sie die frü­hen Stu­fen des­sen, was Ärz­te eine »Inter­ven­ti­ons­kas­ka­de« nen­nen. […] Sehr weni­ge sozi­al tran­si­tio­nier­te Kin­der keh­ren zu einem Auf­tre­ten als ihr eige­nes Geschlecht zurück, bevor sie medi­zi­ni­sche Schrit­te fol­gen las­sen. Johan­na Olson-Ken­ne­dy, die Direk­to­rin des Cen­ter for Transy­outh Health and Deve­lo­p­ment at Children’s Hos­pi­tal Los Ange­les, sag­te Reu­ters, dass sie mehr als 1.000 Kin­der in die sozia­le Tran­si­ti­on beglei­tet hat, von denen nur eins den Pro­zess schließ­lich abge­bro­chen hat.

Im Unter­schied zu 80 bis 95 Pro­zent Abbre­chern, deren Dys­pho­rie von selbst ver­schwin­det, wenn man nicht »affir­miert«.

Auf der ande­ren Sei­te gibt es Stu­di­en, die zei­gen sol­len, dass die Gabe von Puber­täts­blo­ckern und Hor­mo­nen das psy­cho­lo­gi­sche Lei­den der Betrof­fe­nen ver­min­de­re. Sie beru­hen meist auf Befra­gun­gen der Pati­en­ten über den Zeit­raum der Behand­lung. Doch eine sys­te­ma­ti­sche Prü­fung die­ser Stu­di­en durch das Natio­nal Insti­tu­te for Health and Care Excel­lence (NICE) des bri­ti­schen Natio­nal Health Ser­vice befand 2021, dass die Ver­läss­lich­keit der Ergeb­nis­se »sehr gering« und die Qua­li­tät der Evi­denz »sehr nied­rig« sei. Die Stu­di­en sei­en anfäl­lig für Kon­fun­die­rung und Bias. Soweit die Vor­tei­le über­haupt real sind, fehlt eine Abwä­gung gegen die gesund­heit­li­chen und psy­cho­lo­gi­schen Kos­ten, und vor allem fehlt not­ge­drun­gen die Lang­frist­per­spek­ti­ve. Dass Befrag­te im Rah­men klei­ner, nicht reprä­sen­ta­ti­ver Stu­di­en weni­ge Wochen oder Mona­te nach Beginn einer Hor­mon­be­hand­lung ange­ben, sich bes­ser zu füh­len, ist von begrenz­ter Aussagekraft.

Die Rückkehr der Geschlechternormen

Seit Län­ge­rem stel­le ich immer wie­der eine Beob­ach­tung an: Wenn man die Wirk­lich­keit ver­leug­net, kommt sie irgend­wann auf ver­schlun­ge­nen Wegen, in ver­dreh­ter Form und mit dop­pel­ter Gewalt zurück.

Ein Bei­spiel dafür ist in die­sem Zusam­men­hang der klaf­fen­de Wider­spruch zwi­schen der behaup­te­ten Absicht der Akti­vis­ten, Geschlech­ter­nor­men zu über­win­den, und der Pra­xis, Kin­der und Jugend­li­che mit schwer­wie­gen­den medi­zi­ni­schen Ein­grif­fen in eben­die­se Geschlech­ter­nor­men ein­zu­pas­sen. Auf der einen Sei­te soll Geschlecht eine sozia­le Kon­struk­ti­on sein; eine blo­ße durch Tra­di­ti­on wei­ter­ge­ge­be­ne Norm ohne Basis in der bio­lo­gi­schen Wirk­lich­keit, und auf der ande­ren soll es eine »Geschlechts­iden­ti­tät« geben, die eine natür­li­che, ange­bo­re­ne und unver­än­der­li­che inne­re Rea­li­tät ist und in der Geschlecht genau so in Erschei­nung tritt wie in den rein sozi­al kon­stru­ier­ten Geschlech­ter­nor­men.

Helen Joy­ce:

Als Que­er Theo­ry die Uni­ver­si­tä­ten erobert hat und die sim­plis­ti­sche »im fal­schen Körper«-Version in die Popu­lär­kul­tur vor­drang, fan­den immer mehr Publi­ka­tio­nen über Trans­kin­der wei­te Ver­brei­tung: Bil­der­bü­cher für Kin­der, Roma­ne für Teen­ager und Arbeits­bü­cher für Leser jedes Alters.

Soviel zu der Behaup­tung, es fin­de kei­ne Beein­flus­sung statt. Bei Ama­zon fand ich in der Rubrik »Kin­der­bü­cher« in weni­gen Minu­ten eine gan­ze Rei­he von Büchern wie »Du bist nicht allein! LGBTQIA+ Com­mu­ni­ty Hand­buch: Wie Du Dich selbst fin­den kannst, Schritt für Schritt«, »Was ist eigent­lich die­ses LGBTIQ*?: Dein Beglei­ter in die Welt von Gen­der und Diver­si­tät«, »Que­er­ge­streift: Alles über LGBTIQA+« und »Leselau­scher Wis­sen: Viel­falt Mensch« (»… So lernt sie durch Afna und Kofi etwas über Ras­sis­mus, fei­ert mit Johan­na, die Tri­so­mie 21 hat, Geburts­tag und erfährt eini­ges über Geschlechts-Iden­ti­tä­ten und die Lie­be.«). Kei­ne Ahnung, wie vie­le es davon gibt. 

Die US-ame­ri­ka­ni­sche TV-Serie für Vor­schul­kin­der »Blue’s Clues« ver­öf­fent­lich­te im Mai 2021 ein Video, in dem die »Drag Queen« Nina West zu einer Zei­chen­trick-Pri­de-Para­de sang und Kin­der zum Mit­sin­gen auf­ge­for­dert wer­den. Unter ande­rem ist ein Biber mit Nar­ben von einer Brust­am­pu­ta­ti­on (tech­nisch: »dou­ble mas­tec­to­my«; euphe­mis­tisch und üblich: »top sur­gery«) zu sehen.

Das (dafür hef­tig ange­fein­de­te und gedox­te) Twit­ter-Pro­fil Lib­sof­Tik­Tok doku­men­tiert regel­mä­ßig Drag-Queen-Ver­an­stal­tun­gen für Kin­der und ande­re Akti­vi­tä­ten von Trans­ak­ti­vis­ten; zuletzt etwa eine Per­son, die über Social Media Hor­mo­ne zum Ver­kauf anbot und damit aus­drück­lich Min­der­jäh­ri­ge ansprach.

Aber wäh­rend man heu­te sonst so ziem­lich alles mit Sozia­li­sie­rung erklärt, geht man selek­tiv am Punkt der unsicht­ba­ren, unbe­weis­ba­ren und inko­hä­rent defi­nier­ten »Geschlechts­iden­ti­tät« davon aus, dass Kin­der die­se als fes­ten Wesens­kern mit­brin­gen, der unbe­ein­fluss­bar wie ein Fels in der Bran­dung ste­he. Was eine von vorn­her­ein unsin­ni­ge Annah­me und durch empi­ri­sche Tat­sa­chen wider­legt ist; sie­he oben.

Memi­fi­zier­te Ver­sio­nen zir­ku­lie­ren in Social Media.

Hal­lo, »funk«.

Alle drü­cken den­sel­ben Wider­spruch aus. Geschlechts­iden­ti­tät ist ein ange­bo­re­nes, nicht genau beschreib­ba­res Gefühl ohne Bezug zu Kör­per­typ, Ver­hal­ten und Auf­tre­ten. Aber die­se inne­re Wahr­heit mani­fes­tiert sich in Stereotypen.

Sel­ten liest man eine Geschich­te über ein Trans­kind, die nicht Klei­dung, Haa­re und Spiel­zeu­ge erwähnt. »Ich spiel­te nicht ger­ne mit Pup­pen und trug nicht ger­ne Klei­der, und ich hass­te es, lan­ge Haa­re zu tra­gen«, sagt Trans­jun­ge Kit in Can I tell you about Gen­der Diver­si­ty? In Intro­du­cing Ted­dy: A Gent­le Sto­ry About Gen­der and Fri­end­ship, wird Ted­dy ein Mäd­chen, indem er sei­ne Flie­ge in eine Haar­schlei­fe verwandelt.

Man könn­te oben ein­wen­den, dass Han­na Sökeland doch gar nicht dach­te, sie sei ein Jun­ge; sie sagt nur, dass sie mas­ku­lin wirk­te. Aber das macht die Sache nur schlim­mer. Es braucht gar kei­ne Dys­pho­rie, um für trans erklärt zu wer­den. Geschlechts­un­ty­pi­sches Ver­hal­ten genügt. Weil sie mas­ku­lin wirk­te, wäre Sökeland von allen Sei­ten auf­ge­for­dert und ermu­tigt wor­den, dar­über nach­zu­den­ken, ob sie viel­leicht ein Jun­ge sei, in sich hin­ein­zu­füh­len, um den Jun­gen oder das Mäd­chen zu fin­den, Bestand auf­zu­neh­men, ob sie Jun­gen­d­in­ge oder Mäd­chen­din­ge mag und so wei­ter. Gleich­zei­tig wäre das in einem sozia­len Kli­ma gesche­hen, in dem Trans­kin­der als wun­der­bar, inter­es­sant und viel­fäl­tig und die durch­schnitt­li­che­ren im bes­ten Fall als lang­wei­lig, im schlimms­ten als ewig schul­di­ge Unter­drü­cker daste­hen, ins­be­son­de­re wenn sie weiß sind.

Detran­si­tio­ner, also Per­so­nen, die ihre Tran­si­ti­on rück­gän­gig gemacht haben, soweit mög­lich, beschrei­ben dies immer wie­der als wesent­li­che Dyna­mik. Die äußerst lesens­wer­te Geschich­te von Hele­na Kersh­ner ist ein Bei­spiel dafür. Ein nor­ma­les hete­ro­se­xu­el­les Mäd­chen ist sofort ver­däch­tig und hat auf­grund sei­ner Pri­vi­le­giert­heit kei­ner­lei Anspruch auf Mit­ge­fühl, was ins­be­son­de­re dann ungüns­tig ist, wenn die­ses Mäd­chen lei­det und Bei­stand sucht. Eine Tran­si­den­ti­tät löst die­ses Pro­blem sehr effek­tiv, zumal es online zunächst ein­fach und kos­ten­los ist, eine anzunehmen.

Dan­ke, Woke­ness. Gute Arbeit mal wieder.

Abi­ga­il Shrier in »Irrever­si­ble Dama­ge«:

Tat­säch­lich bestehen die Kalen­der so vie­ler Schu­len dar­auf, dass LGBTQ-Schü­ler nicht nur gleich und fair behan­delt, son­dern für ihre Tap­fer­keit bewun­dert wer­den. Die ganz­jäh­ri­ge Pri­de-Para­de beginnt oft im Okto­ber mit dem »Coming-Out-Tag«, dem »Inter­na­tio­na­len Pro­no­men-Tag« und dem Monat der LGBTQ-Geschich­te; der Novem­ber bringt die »Trans­gen­der-Bewusst­seins-Woche« und endet mit dem »Trans­gen­der-Tag des Erin­nerns«, einer Mahn­wa­che für Trans­gen­der-Indi­vi­du­en, die auf­grund die­ser Iden­ti­tät ermor­det wur­den. Der März ist »Monat der Trans­gen­der-Sicht­bar­keit«. Der April trägt den »Tag der Stille«/»Tag des Han­delns« bei, um die Sen­si­bi­li­tät für Mob­bing gegen LGBTQ-Schü­ler zu schär­fen. Der Mai hat den »Har­vey-Milk-Tag« im Ange­bot, der der Trau­er um den pro­mi­nen­ten Schwu­len­rechts­ak­ti­vis­ten gewid­met ist; und der Juni ist natür­lich der Pri­de Month – 30 Tage, die der Fei­er von LGBTQ-Iden­ti­tä­ten und der Ver­ur­tei­lung von LGBTQ-Unter­drü­ckung gewid­met sind.

Aber das alles beein­flusst Kin­der und Jugend­li­che über­haupt nicht; es lässt nur her­vor­kom­men, was unab­hän­gig davon authen­tisch und unver­än­der­lich da ist. Na klar.

In die­sem Zusam­men­hang ist auch das von der Ärz­tin Lisa Litt­man so beschrie­be­ne Phä­no­men der »Rapid Onset Gen­der Dys­pho­ria« (ROGD) zu erwäh­nen. (Alle fol­gen­den Infor­ma­tio­nen ohne Link ent­neh­me ich dem Buch »Trans« von Helen Joice.) Litt­man war zufäl­lig auf­ge­fal­len, dass sich in einem bestimm­ten sozia­len Umfeld neu­er­dings meh­re­re Mäd­chen als trans iden­ti­fi­zier­ten, was sta­tis­tisch sehr unwahr­schein­lich ist, wenn die Grund­la­gen dafür ange­bo­ren sind und nur höchs­tens bei einer Per­son von 30.000 bis 100.000 auf­tre­ten, wie man damals schätz­te. Sie führ­te eine Befra­gung unter Eltern durch, die sich online dar­über aus­tausch­ten, dass ihre Töch­ter in jugend­li­chem Alter plötz­lich Jun­gen sein woll­ten, und ver­öf­fent­lich­te die Ergeb­nis­se 2018 in einer Stu­die.

Die meis­ten Eltern gaben an, dass ihre Töch­ter vor der Ver­kün­di­gung einer Trans-Iden­ti­tät mehr Zeit online ver­bracht hat­ten und/oder Freun­din­nen hat­ten, die sich eben­falls als »trans« iden­ti­fi­zier­ten, oder bei­des. Fast zwei Drit­tel waren bereits ein­mal mit einer psych­ia­tri­schen oder Ent­wick­lungs­stö­rung dia­gnos­ti­ziert wor­den, vie­le hat­ten selbst­ver­let­zen­des Ver­hal­ten gezeigt. Die Bezeich­nung »ROGD« spielt außer­dem dar­auf an, dass das bekann­te Phä­no­men der Geschlechts­dys­pho­rie nor­ma­ler­wei­se in der frü­hen Kind­heit erst­mals auf­tritt. Das plötz­li­che Auf­tre­ten in der Puber­tät oder Ado­les­zenz ist eben­so wie die Mas­se an betrof­fe­nen Mäd­chen etwas Neu­es. Das alles legt nahe, dass die Trans-Iden­ti­fi­ka­ti­on in vie­len Fäl­len durch eine Art sozia­ler Anste­ckung zustan­de kommt, ähn­lich wie Mager­sucht oder eben Selbst­ver­let­zung. Dies wür­de erklä­ren, dass die neu­en Trans-Jugend­li­chen meist Mäd­chen sind, weil in ers­ter Linie Mäd­chen für sol­che psy­chi­schen Epi­de­mien anfäl­lig sind.

Auf die Publi­ka­ti­on der Stu­die folg­te der unver­meid­li­che Shit­s­torm samt Hetz- und Ver­leum­dungs­kam­pa­gne gegen Litt­man, die sie schließ­lich ihren Teil­zeit­job als Bera­te­rin beim Rho­de Island Depart­ment of Health kos­te­te. Jeder Arzt oder Wis­sen­schaft­ler, der sich gegen das Nar­ra­tiv stellt, darf damit rech­nen, ver­leum­det und auf Druck der Akti­vis­ten schließ­lich gefeu­ert zu wer­den. So ging es auch Ken Zucker, der 1984 Lei­ter einer Gen­der­kli­nik für Kin­der in Toron­to wur­de, in meh­re­ren Stu­di­en fest­stell­te, dass kind­li­che Geschlechts­dys­pho­rie meist von selbst wie­der ver­schwin­det, und des­we­gen dafür ein­trat, den betrof­fe­nen Kin­dern mög­lichst zunächst dabei zu hel­fen, sich mit ihrem Kör­per zu ver­söh­nen, statt sie gleich für trans zu erklä­ren. Im Jahr 2015 kün­dig­te sei­ne Kli­nik eine Prü­fung sei­ner Arbeit an und warf ihm schließ­lich vor, Pati­en­ten trau­ma­ti­siert, Kon­ver­si­ons­the­ra­pie betrie­ben und einen jun­gen Trans­mann in einer Über­wei­sung als »haa­ri­gen klei­nen Wurm« bezeich­net zu haben. Er wur­de gefeu­ert und sei­ne Ein­heit geschlossen.

Alle Vor­wür­fe gegen Zucker wur­den spä­ter von dem Jour­na­lis­ten Jes­se Sin­gal wider­legt. Sie beruh­ten auf Ver­wechs­lun­gen oder waren frei erfun­den. Zucker ver­klag­te die Kli­nik und bekam recht. Die Kli­nik ent­schul­dig­te sich und nahm alles zurück. Doch nicht jeder Betrof­fe­ne hat das Glück, dass die Sache mit einer offi­zi­el­len und öffent­li­chen Ent­las­tung endet, und der Job ist natür­lich trotz­dem weg. Man kann vie­le sol­che Geschich­ten erzählen.

Der Litt­man-Stu­die wird vor­ge­wor­fen, metho­disch man­gel­haft zu sein. Der Haupt­punkt ist dabei die Selek­ti­vi­tät der Stich­pro­be. Die befrag­ten Eltern waren nicht reprä­sen­ta­tiv für die Gesamt­heit der Eltern von Trans-Jugend­li­chen, son­dern waren eben besorg­te Eltern, die Zwei­fel an der ange­bo­re­nen, natür­li­chen und heil­sa­men Trans-Iden­ti­tät ihrer Töch­ter hat­ten. In der Tat ist die Aus­sa­ge­kraft der Daten durch die Selek­ti­vi­tät der Stich­pro­be beschränkt. 

Aber die Stu­die hat nie behaup­tet, reprä­sen­ta­ti­ve Aus­sa­gen über eine Popu­la­ti­on zu tref­fen oder ein end­gül­ti­ger Beweis zu sein. Auch die Stu­di­en an bestimm­ten Kohor­ten von Trans­per­so­nen an bestimm­ten Kli­ni­ken sind nicht reprä­sen­ta­tiv für irgend­et­was. Das ist über­haupt nicht ihr Anspruch. Litt­mans Stu­die behaup­tet dem­entspre­chend nicht, die Fra­ge zu beant­wor­ten, wie häu­fig ROGD vor­kommt, son­dern sie legt ein paar deut­li­che empi­ri­sche Anzei­chen dafür vor, dass ROGD exis­tiert. Sie wirft ein Licht auf mög­li­che Zusam­men­hän­ge, die man sich näher anse­hen soll­te in Anbe­tracht der Mas­sen an trans-iden­ti­fi­zier­ten Mäd­chen und der Tat­sa­che, dass es für die plötz­li­che Explo­si­on der Zahl kei­ne befrie­di­gen­de und gesi­cher­te Erklä­rung gibt. Ein mög­li­cher Bias der Eltern erklärt auch nicht das Auf­tre­ten von ado­les­zen­ter Trans-Iden­ti­fi­zie­rung in Clus­tern, und dass es online reich­hal­tig Mate­ria­li­en und Influen­cer gibt, die Jugend­li­che per­sua­siv zur Annah­me einer Trans-Iden­ti­tät ermu­ti­gen, sowie Com­mu­ni­tys um die­se Mate­ria­li­en und Influen­cer her­um, ist kei­ne Hypo­the­se, son­dern eine Tat­sa­che. Detran­si­tio­ner bestä­ti­gen das Phä­no­men »ROGD« aus eige­ner Erfah­rung. Lisa Litt­man nahm aus­führ­lich zur Kri­tik an ihrer Arbeit Stel­lung und argu­men­tier­te, ihre Metho­dik sei im Ein­klang mit dem, was in der For­schung zu Geschlechts­dys­pho­rie üblich und aner­kannt sei.

Die schon genann­te Dia­ne Ehren­saft kom­men­tier­te Stu­die mit der Bemer­kung, besorg­te Eltern aus Online-Foren zu befra­gen, sei ja, als wür­de man den Ku-Klux-Klan dar­über befra­gen, ob Schwar­ze wirk­lich min­der­wer­tig sei­en. Besorg­te Eltern als Äqui­va­len­te zu Nazis – das haben wir so ähn­lich auch schon von unse­rem Que­er-Beauf­trag­ten Sven Leh­mann gehört. Ähn­li­ches bekom­men Jugend­li­che auch von Trans­ak­ti­vis­ten zu hören. Wenn eure Eltern Beden­ken gegen eure Tran­si­ti­on anmel­den, dann haben sie ein­fach nichts ver­stan­den, sind von ges­tern, into­le­rant, trans­phob und gegen euch.

Sibyl­le Win­ter von der Charité:

Es gibt welt­wei­te Stu­di­en, dass es mehr Mäd­chen sind, die Jun­gen wer­den wol­len. Es wird ver­mu­tet, dass der Grund für das Aus­ein­an­der­klaf­fen ist, dass Trans­mäd­chen sich viel spä­ter outen, weil sie noch mehr dis­kri­mi­niert wer­den als Trans­jun­gen. Die wer­den sozi­al sehr viel weni­ger akzeptiert.

Es wird ver­mu­tet. Na dann.

Die Illusion des Wissens

Ich befin­de mich in einem Dau­er­zu­stand des Stau­nens dar­über, wie niveau­los die Debat­te über den Anfang Juni erschie­ne­nen Auf­ruf »Schluss mit der Falsch­be­richt­erstat­tung des öffent­lich-recht­li­chen Rund­funks« geführt wur­de und wird. Vor allem ver­blüfft mich die Illu­si­on des Wis­sens, von der die Geg­ner des Auf­rufs beseelt sind, in Ver­bin­dung mit ihrer abso­lu­ten Gewiss­heit über den eige­nen Standpunkt.

Sie sprin­gen unmit­tel­bar zu der Auf­fas­sung, dass die Urhe­ber und Unter­stüt­zer des Auf­rufs nur durch »Hass« auf Trans­se­xu­el­le oder allen­falls durch das Behar­ren auf einem rechts­kon­ser­va­ti­ven Welt­bild moti­viert sein könn­ten, in dem nur für Hete­ro­se­xu­el­le Platz ist. Was für ein Kurz­schluss! Das ist etwa so, als ob ich aus Grün­den, die ich kon­kret benen­nen und bele­gen kann, eine bestimm­te Psy­cho­the­ra­pie­form oder Krebs­be­hand­lung für die fal­sche Stra­te­gie hal­te und dar­auf­hin auto­ma­tisch ange­nom­men wird, dass ich die Pati­en­ten »has­se«, die mit die­sen The­ra­pien behan­delt wer­den, ohne dass mei­ne Grün­de je ange­hört würden.

Die­se Annah­me und Reak­ti­on ergibt nur dann Sinn, wenn man unter­stellt, man habe abso­lu­te Gewiss­heit dar­über, dass die­se The­ra­pien rich­tig sind, und ich, der Kri­ti­ker, hät­te die­se Gewiss­heit eben­falls. Denn wenn zumin­dest ich sie nicht hät­te, könn­te ich wenigs­tens durch fal­sche Prä­mis­sen moti­viert sein statt durch »Hass«.

Die Reak­tio­nen sind völ­lig reflex­haft. Die­se Men­schen ken­nen den For­schungs­stand nicht. Sie wis­sen nicht, was an Schu­len und in Kin­der­gär­ten abläuft. (Ich weiß es auch nicht genau, aber im Unter­schied zu ihnen weiß ich, dass ich es nicht weiß. Des­halb hät­te ich ger­ne, dass es geklärt wird.) Sie wis­sen nicht, was in Gen­der­kli­ni­ken abläuft. Sie wis­sen nicht, was im ÖRR im Ein­zel­nen gezeigt und behaup­tet und von dem Dos­sier kri­ti­siert wird, das den Auf­ruf begrün­det und das fast nie­mand gele­sen hat. Sie wis­sen nicht, wie vie­len Men­schen es nach einer Trans-Behand­lung bes­ser oder schlech­ter geht und wie ihre lang­fris­ti­ge Pro­gno­se aus­sieht. Sie wis­sen nicht, was genau Puber­täts­blo­cker und Hor­mon­in­jek­tio­nen im Kör­per bewir­ken, was bei den »geschlechts­an­glei­chen­den« Ope­ra­tio­nen genau pas­siert, wie hoch die Kom­pli­ka­ti­ons­ra­te ist (hoch) und wie sich das alles wie­der­um auf die Psy­che aus­wirkt. Sie wis­sen nicht, was den explo­si­ons­ar­ti­gen Anstieg der Zahl von Jugend­li­chen aus­löst, die sich als »trans« iden­ti­fi­zie­ren – selbst ent­schie­de­ne Befür­wor­ter der »trans affir­ma­ti­ve health care« geste­hen zu, dass das nie­mand sicher weiß. Sie wis­sen nicht, wie eine ent­wick­lungs­psy­cho­lo­gisch opti­ma­le, nach Alters­grup­pen gestuf­te Sexu­al­auf­klä­rung von Kin­dern aus­se­hen müss­te und wie sich das Pro­gramm des ÖRR dazu ver­hält. Und so weiter.

Aber sie reagie­ren so, als wüss­ten sie das alles ganz genau. Als wäre das alles sim­pel. Als müss­te man nur eine all­ge­mei­ne Hal­tung der Tole­ranz und Pro­gres­si­vi­tät ver­kün­den und dadurch wären wie durch ein Wun­der alle Fra­gen zur vol­len Zufrie­den­heit jedes ver­nünf­ti­gen Men­schen beant­wor­tet. Als über­setz­te sich der gute Wil­le auto­ma­tisch in gute Stra­te­gien und Ergeb­nis­se. Als beschränk­te sich die Kom­ple­xi­tät des Gan­zen auf die Alter­na­ti­ve Dau­men hoch / Dau­men run­ter. Das Sah­ne­häub­chen auf die­ser Absur­di­tät ist, dass sich die­je­ni­gen, die sich blind die­sen Refle­xen hin­ge­ben, für nicht nur mora­lisch, son­dern vor allem auch intel­lek­tu­ell über­le­gen hal­ten. Für auf­ge­klär­te, dif­fe­ren­zier­te Denker.

Konformität ist Default

Aber eigent­lich soll­te ich dar­über nicht stau­nen, denn ich kann mir das durch­aus erklä­ren. Ich habe mei­ne Erklä­rung oben schon gestreift. Die­se Leu­te ver­trau­en den Exper­ten und Insti­tu­tio­nen. Das feh­len­de Wis­sen ist aus­ge­la­gert. Sie selbst haben es nicht, aber sie neh­men an, dass sie wüss­ten, wer es hat, und dass es also klug und rich­tig sei, sich auf die ent­spre­chen­den Akteu­re und Instan­zen zu verlassen.

Das ist im All­ge­mei­nen rich­tig so und unver­meid­lich. Doch Exper­ten und Insti­tu­tio­nen kön­nen auch ver­sa­gen und kor­rupt wer­den. Es ist eine Bin­sen­weis­heit, dass es kei­ne gesell­schaft­li­che oder pro­fes­sio­nel­le Grup­pe gab, die sich 1933–45 geschlos­sen wider­setzt hät­te. Die Kir­chen nicht, die Ärz­te nicht, die Sozi­al­wis­sen­schaft­ler nicht, die Künst­ler nicht, die Jour­na­lis­ten nicht etc. Sie haben alle mit­ge­macht. Es gab über­all Ein­zel­ne, die sich wider­setzt haben, aber eben nur Ein­zel­ne und höchs­tens klei­ne Widerstandsnester.

Es ist natür­lich ein Unter­schied, dass damals eine auto­ri­tä­re Dik­ta­tur mit poli­ti­scher Jus­tiz das Gesche­hen bestimmt hat. Aber es brauch­te eben in den meis­ten Fäl­len gar nicht den direk­ten Zwang, um die Men­schen zum Mit­ma­chen zu bewe­gen. Sie waren von sich aus moti­viert oder haben es zumin­dest vor sich gerecht­fer­tigt, auch ohne direkt bedroht gewe­sen zu sein. Selbst für die Armee, wo tat­säch­lich mit direk­ten Befeh­len gear­bei­tet wird und Gehor­sams­ver­wei­ge­rung Kon­se­quen­zen hat, wur­de der soge­nann­te Befehls­not­stand als Mythos ent­larvt. Es gab nicht in gro­ßem Maß­stab Bestra­fun­gen von Sol­da­ten, die sich der Betei­li­gung an Kriegs­ver­bre­chen ver­wei­gert haben. Die brauch­te es nicht.

Die mensch­li­che Nei­gung, Ver­ant­wor­tung an Kol­lek­ti­ve und Auto­ri­tä­ten abzu­ge­ben, ist stark. Sie sind sich meist gar nicht im Kla­ren dar­über, dass sie das tun, weil es ein­fach selbst­ver­ständ­lich ist, wie das Was­ser für den Fisch. Sie kön­nen sich oft gar nicht vor­stel­len, den Exper­ten und Insti­tu­tio­nen nicht zu trau­en, und hal­ten daher die­je­ni­gen, die es nicht tun, unwill­kür­lich für dumm, bös­ar­tig oder verwirrt.

Die Vertrauenskrise

Die gro­ße Ver­trau­ens­kri­se, die man unter ande­rem auch an der Coro­na-The­ma­tik stu­die­ren kann, stellt uns vor ein Dilem­ma. Auf der einen Sei­te brau­chen wir sozia­les Ver­trau­en, also Ver­trau­en für­ein­an­der, aber auch für Insti­tu­tio­nen, Auto­ri­tä­ten und Exper­ten. Auf der ande­ren sehen wir, dass sie in Tei­len eben evi­dent nicht ver­trau­ens­wür­dig sind. Durch Social Media bekom­men das auch mehr Men­schen mit, als es frü­her mit­be­kom­men hät­ten. Wenn wir nun aber ein all­ge­mei­nes Red­pil­ling der­art hät­ten, dass nie­mand mehr den Insti­tu­tio­nen und Exper­ten ver­trau­te, wür­den wir in eine Turm­bau-zu-Babel-Situa­ti­on gera­ten, zumin­dest vor­über­ge­hend. Wir könn­ten nichts mehr glau­ben, was wir nicht per­sön­lich bezeugt haben. Wir könn­ten über nichts mehr über­ein­kom­men, außer über sek­ten­ar­ti­ge Dog­men, die sich in ver­schie­de­nen Grup­pen her­an­bil­den. Und jedes The­ma auf wis­sen­schaft­li­chem Niveau selbst zu recher­chie­ren und zu durch­drin­gen ist so oder so unmöglich.

Wir kön­nen nicht ohne die Insti­tu­tio­nen. Das heißt, wir müs­sen sie nicht bekämp­fen, son­dern um sie kämp­fen. Die Prin­zi­pi­en hoch­hal­ten und ver­tei­di­gen, nach denen sie funk­tio­nie­ren soll­ten. Ihre Kor­rup­ti­on auf­zei­gen und dar­auf drän­gen, dass sie kor­ri­giert wird. Die Wahr­heit sagen, auch wenn wir wis­sen, dass uns das Beschimp­fung und Ver­ach­tung durch (meist weni­ge, aber lau­te) ande­re ein­bringt. John McW­horter ruft in »Woke Racism«/»Die Erwähl­ten« die Ame­ri­ka­ner dazu auf, sich dar­an zu gewöh­nen, von den Woke­mon öffent­lich als »Ras­sis­ten« beschimpft zu wer­den. Alles ande­re wür­de bedeu­ten, die Fun­da­men­ta­lis­ten gewin­nen zu las­sen und dem auf­ge­klär­ten Zeit­al­ter Lebe­wohl zu sagen, denn es ist unver­meid­lich, dass sie einen als »Ras­sis­ten« beschimp­fen, wenn man sich außer­halb ihrer Ortho­do­xie zu dem The­ma äußert.

Es ist im Gro­ßen und Gan­zen ver­nünf­tig, dass Men­schen erst ein­mal eher den Exper­ten und Insti­tu­tio­nen (und ech­ten oder schein­ba­ren Mehr­hei­ten) glau­ben als irgend­wel­chen Stim­men im Inter­net. Aber auch die öffent­li­che Mei­nung durch­läuft ihre Wand­lun­gen, und die Sozi­al­psy­cho­lo­gie weiß, dass schon weni­ge abwei­chen­de Stim­men genü­gen, um Zwei­fel über auf Kon­for­mi­tät beru­hen­de Schein­ge­wiss­hei­ten zu säen. Die Hef­tig­keit des Geschreis der Akti­vis­ten, wenn sol­che Stim­men laut wer­den, ver­weist dar­auf, dass sie es intui­tiv auch wissen.

LGB und T sind nicht das Gleiche

Ich bin froh und dank­bar für jede Han­na Sökeland, die ein mas­ku­li­nes Mäd­chen sein und spä­ter ihre weib­li­che Sei­te ent­de­cken darf und mit bei­den Sei­ten im Frie­den ist, sowie für jeden Jun­gen, auf den das Umge­kehr­te zutrifft. Frü­her konn­ten die Kon­ser­va­ti­ven so etwas nicht aus­hal­ten, heu­te kön­nen es die Lin­ken nicht. Hof­fen wir, dass das Pen­del irgend­wann in der Mit­te zur Ruhe kommt und nicht immer wie­der in die Extre­me aus­schlägt. Es ist in Ord­nung, wenn ein Mäd­chen nicht mäd­chen­haft ist. Es ist aber auch in Ord­nung, wenn es das ist. Vie­len Men­schen stellt die­ser extre­me Stand­punkt, den ich ver­tre­te, vor gro­ße kogni­tiv-emo­tio­na­le Herausforderungen.

Aber was, wenn das Mäd­chen »trans« ist, war­um ist das nicht in Ord­nung? Es ist zunächst ein­mal inso­fern objek­tiv nicht in Ord­nung, als es mit Lei­den und oft schwe­ren medi­zi­ni­schen Ein­grif­fen ver­bun­den ist. Das ist ein Pro­blem, das nichts mit mei­nen Prä­fe­ren­zen oder Mei­nun­gen zu tun hat; es ist ein Pro­blem für die Betrof­fe­nen, das sich für Schwu­le und Les­ben über­haupt nicht stellt. Die kann man ein­fach akzep­tie­ren und in Ruhe las­sen. Man muss sie nicht ope­rie­ren, man muss kei­ne neu­en Pro­no­men erfin­den, man muss nicht fun­da­men­ta­le Rea­li­tä­ten bestrei­ten und man muss nicht so tun, als ob sie etwas wären, das sie nicht sind.

Ich set­ze »trans« manch­mal in Anfüh­rungs­stri­che, weil nicht klar ist, was Men­schen mit »trans sein« über­haupt mei­nen. Die Prä­mis­se, dass man von Geburt »trans sein« kann, wie man bei­spiels­wei­se rot­haa­rig sein oder Blut­grup­pe A haben kann, ist unbe­legt und scheint mir unplau­si­bel. Die The­se, dass Men­schen, die in die­sem Sinn ein­fach »trans sind«, ein nor­ma­ler Teil natür­li­cher Viel­falt sei­en, der nur im Licht ver­al­te­ter sozia­ler Nor­men als pro­ble­ma­ti­scher Son­der­fall erschei­ne, beißt sich mit dem Umstand, dass eben jene schwer­wie­gen­den medi­zi­ni­schen Behand­lun­gen nötig sind. War­um soll­te eine bio­lo­gi­sche Spe­zi­es in hoher Zahl Indi­vi­du­en her­vor­brin­gen, die einen Kon­flikt mit der Geschlecht­lich­keit des eige­nen Kör­pers ver­spü­ren, der sich nur durch medi­zi­ni­sche Hoch­tech­no­lo­gie lösen lässt, und noch nicht ein­mal das so richtig? 

Es ist denk­bar, dass es sich dabei um eine Art Ent­wick­lungs­stö­rung oder eine psy­cho­lo­gi­sche Reak­ti­on auf frü­he Kind­heits­er­leb­nis­se han­delt. Dies wür­de ich ver­mu­ten. Aber die The­se, dass es nor­mal und natür­lich sei, wider­spricht, noch ein­mal, dem Lei­den und dem Behand­lungs­be­darf. Sie ist in sich inkohärent.

Nun kann man sagen: Wo auch immer es her­kommt, es ist nun mal da und es muss dar­um gehen, die Betrof­fe­nen zu unter­stüt­zen. Soweit ein­ver­stan­den: Wenn es für eine Per­son das Bes­te ist, sich als das ande­re Geschlecht zu defi­nie­ren und zu prä­sen­tie­ren, genau­er aus­ge­drückt: wenn dies für eine Per­son unterm Strich eine bes­se­re Lebens­qua­li­tät bringt als jede Alter­na­ti­ve, dann akzep­tie­re ich das und unter­stüt­ze die­se Lösung. Und ich glau­be auch, dass sol­che Fäl­le existieren.

Aber dass dies auf die Mas­se der Fäl­le zutrifft, glau­be ich aus oben beschrie­be­nen Grün­den kei­ne Sekun­de. Ich hal­te das, was mit die­ser Mas­se von Kin­dern und Jugend­li­chen gemacht wird, für ein Ver­bre­chen in gro­ßem Maß­stab. Nicht weil ich mich an der Exis­tenz von Trans­se­xu­el­len stö­ren wür­de, son­dern wegen des Leids, das die­sen Kin­dern und Jugend­li­chen wider­fährt. Mit mei­nen per­sön­li­chen Prä­fe­ren­zen hat das nichts zu tun, außer mit der­je­ni­gen, unnö­ti­ges Leid zu verhindern. 

Ein ratio­na­ler und huma­ner Umgang mit dem The­ma müss­te äußers­te Sorg­falt dar­auf ver­wen­den, kei­ne Min­der­jäh­ri­gen einer Trans-Behand­lung zu unter­zie­hen, bei denen kei­ne Gewiss­heit dar­über besteht, dass ihnen dies die best­mög­li­che Lebens­qua­li­tät eröff­net, weil andau­ern­de Dys­pho­rie mit andau­ern­dem Lei­den ver­bun­den wäre. Und er müss­te sich um eine Sexu­al­auf­klä­rung bemü­hen, die sexu­el­len Min­der­hei­ten mög­lichst viel Dis­kri­mi­nie­rung erspart, ohne die übri­gen Kin­der unnö­tig zu ver­wir­ren (und ohne Ers­te­re zusätz­lich zu ver­wir­ren).

Was gegen­wär­tig pas­siert, ist weit von die­sem ver­nünf­ti­gen Sze­na­rio ent­fernt. Die Insti­tu­tio­nen sind ideo­lo­gisch geka­pert. Dabei sind ver­schie­de­ne Moti­va­tio­nen im Spiel. Teils ist es ein­fach guter Wil­le und ein fehl­ge­lei­te­tes, schlecht infor­mier­tes Bemü­hen um Mit­ge­fühl und Tole­ranz; teils ist es Kon­for­mi­tät (s.o.), teils ist es eine bil­li­ge Mög­lich­keit für Nar­ziss­ten, einen unver­dien­ten Sta­tus mora­li­scher Über­le­gen­heit ein­zu­neh­men und/oder Mob­bing- und Miss­brauchs­ver­hal­ten frei aus­zu­le­ben. Bei den betrof­fe­nen Jugend­li­chen ist es Leid, Ver­wir­rung und Identitätssuche. 

Der ideo­lo­gi­sche Kern ist ein sozia­ler Uto­pis­mus, der glaubt, die Men­schen durch das Ein­rei­ßen sozia­ler Nor­men zu »befrei­en«, so dass sie ihr wah­res Selbst ent­de­cken und im Ein­klang damit leben kön­nen. Klingt gut, nur dass man­che sozia­len Nor­men durch­aus ihren Sinn haben, weil Men­schen kei­ne belie­big pro­gram­mier­ba­ren (oder de-pro­gram­mier­ba­ren) unbe­schrie­be­nen Blät­ter sind und die­ser Uto­pis­mus längst zu dem Ver­such über­ge­gan­gen ist, uns auch von unaus­weich­li­chen Rea­li­tä­ten zu »befrei­en«, indem er sie leug­net und ver­ne­belt. Erstaun­lich auch, dass nie­man­dem auf­zu­fal­len scheint, dass dies exakt die­sel­be Ideo­lo­gie ist, die unter ein­fluss­rei­chen lin­ken Intel­lek­tu­el­len sowie bei den Grü­nen ein­mal die Idee der Pädo­phi­lie legi­ti­miert hat. Nor­men sind ein Gefäng­nis, jen­seits der Nor­men liegt die Freiheit.

Manch­mal ist das so. Aber nicht immer. Jen­seits sozia­ler Nor­men lie­gen noch ganz ande­re Din­ge. Die soll­te man auch auf dem Schirm haben.

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