Wer ist für Gendersprache?

Die FAZ berich­tet über eine aktu­el­le Stu­die zur Akzep­tanz des Gen­der­sterns, die auch selbst im Netz ver­füg­bar ist. Sie gibt anhand eini­ger Kor­re­la­tio­nen Auf­schluss dar­über, wel­che per­sön­li­chen Merk­ma­le eine posi­ti­ve Hal­tung zum Gen­der­stern begüns­ti­gen. Vie­les davon ist nicht neu, aber ein inter­es­san­ter Aspekt ist es doch, und alles zusam­men ergibt ein inter­es­san­tes Bild.

Eine Beson­der­heit der Stu­die ist die indi­rek­te Art, durch die die Hal­tun­gen zum Gen­der­stern ermit­telt wur­den. Die rund 10.000 Befrag­ten wuss­ten nicht, dass dies das eigent­li­che The­ma der Stu­die war, son­dern wur­den gebe­ten, aus­zu­wäh­len, wel­che Ver­si­on des Fra­ge­bo­gens sie bear­bei­ten woll­ten: eine mit Gen­der­stern oder mit gene­ri­schem Mas­ku­li­num. Sie glaub­ten also, dass es sich dabei nur um eine For­ma­lie der Befra­gung han­del­te, die gar nicht erfasst wird. Das erhöht die Chan­ce auf ehr­li­che Ant­wor­ten im Hin­blick auf die eige­nen Präferenzen.

Ins­ge­samt haben 21 Pro­zent der Befrag­ten für die Ver­si­on mit Gen­der­stern optiert. 75 Pro­zent wähl­ten das gene­ri­sche Mas­ku­li­num, der Rest traf kei­ne Ent­schei­dung. Das ent­spricht grob dem Bild reprä­sen­ta­ti­ver Mei­nungs­um­fra­gen der letz­ten Jah­re (hier ist eine aktu­el­le).

Wei­te­re Befunde:

  • Frau­en wähl­ten häu­fi­ger den Gen­der­stern als Män­ner, näm­lich zu 27 Pro­zent gegen­über 16 Pro­zent. Das ist ein deut­li­cher Unter­schied, aber nicht deut­lich genug, um den Gen­der­stern als For­de­rung »der Frau­en« hin­zu­stel­len, der sich »die Män­ner« veschlös­sen, wie es wei­ter­hin oft geschieht. Eine gro­ße Mehr­heit der Frau­en lehnt den Gen­der­stern ab.
  • Ähn­lich ver­hält es sich bei den Alter­grup­pen. Befrag­te im Alter von 14 bis 30 Jah­ren wähl­ten zu knapp 40 Pro­zent den Gen­der­stern. Das ist eine Men­ge, ins­be­son­de­re im Kon­trast zu den nur rund 15 Pro­zent der über 60-Jäh­ri­gen. Aber auch bei den Jun­gen ist es kei­ne Mehrheit.
  • Sogar Per­so­nen, die »divers« als Geschlecht ange­ben, optie­ren mehr­heit­lich für das gene­ri­sche Mas­ku­li­num, wenn auch knapp.
  • Wenig über­ra­schend fin­det der Gen­der­stern in den lin­ken Par­tei­en die meis­te Zustim­mung. Bei den Anhän­gern der Par­tei VOLT fin­det er sogar eine Mehr­heit. Unter den Grü­nen­an­hän­gern kom­men die Befür­wor­ter auf 45 Pro­zent. Bei den Lin­ken­an­hän­gern sind es 35 Pro­zent, bei SPD-Anhän­gern 25. 
  • Unter den Anhän­gern der übri­gen Par­tei­en liegt der Anteil der­je­ni­gen mit Wunsch nach Gen­der­stern durch­weg unter 10 Prozent.
  • Auch auf einer all­ge­mei­nen Rechts-Links-Ska­la zeigt sich die­se Ten­denz – je wei­ter man nach links rückt, des­to belieb­ter wird der Gen­der­stern, und umgekehrt.
  • Außer­dem kor­re­liert die Gen­der­stern-Prä­fe­renz mit einem hohen Bil­dungs­grad, einem hohen Ein­kom­men (hust Luxu­ry Beliefs hust) und einem städ­ti­schen Wohnsitz.

Nichts davon ist beson­ders über­ra­schend. Doch die Stu­die erwähnt auch einen Fak­tor, von dem man in den übli­chen Umfra­gen eher noch nicht gehört hat:

Ins­be­son­de­re Per­so­nen, die eine hohe Zustim­mung zu staat­li­chen Ein­grif­fen zei­gen, haben eine höhe­re Wahr­schein­lich­keit, die geschlech­ter­ge­rech­te Ver­si­on zu wäh­len. Die­se Varia­ble hat sich mit deut­li­chem Abstand als der erklä­rungs­mäch­tigs­te Fak­tor in der Ana­ly­se erwiesen.

Kann man also sagen, dass Gen­der­spra­che pri­mär von gut situ­ier­ten auto­ri­tä­ren Lin­ken in den Städ­ten aus­geht? Es wäre inter­es­sant, das ein­mal mit einer Auto­ri­ta­ris­mus­ska­la zu über­prü­fen. Die Annah­me liegt nahe, dass eine glo­ba­le Nei­gung zur Befür­wor­tung staat­li­cher Ein­grif­fe Aus­druck einer auto­ri­tä­ren Ein­stel­lung ist. Eine unver­öf­fent­lich­te Stu­die von Jor­dan Peter­son ergab vor Jah­ren, dass die Anhän­ger poli­ti­scher Kor­rekt­heit sich in zwei Lager spal­ten: Ega­li­tä­re und Auto­ri­tä­re. Das wür­de zu die­sen Befun­den pas­sen. Die Befür­wor­tung des Gen­derns kor­re­liert mit links, erreicht aber auch links kei­ne Mehr­heit. Es ist nur eine Teil­grup­pe der Linken.

Wenn jeden­falls frag­men­ta­risch aus einer Woke­ness­kon­fe­renz her­aus­dringt, dass Die­ter Nuhr von einer »macht­vol­len klei­nen Eli­te« gespro­chen hat, die »ver­sucht zu steu­ern«, scheint das Bild, das obi­ge Zah­len beschrei­ben, damit ganz gut getrof­fen. Alle­mal bes­ser als mit der Reak­ti­on der grü­nen poli­ti­schen Ver­tre­ter jener gut situ­ier­ten auto­ri­tä­ren Lin­ken in den Städ­ten, die in Nuhrs Aus­sa­ge ohne jede Beach­tung des Kon­texts »struk­tu­rel­len Anti­se­mi­tis­mus« ent­deckt haben woll­ten. Getrof­fe­ne Hünd*innen bellen.

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Ein Kommentar

  1. Sehr gut auf den Punkt gebracht.

    Ich fra­ge mich immer, wie die­ser Shift zum Links­au­to­ri­tä­ren, v.a. in Deutsch­land, zu erklä­ren ist. Ich bin manch­mal wirk­lich ent­setzt, wie leicht sich gera­de in Deutsch­land die Leu­te tat­säch­lich vom Auto­ri­ta­ris­mus umgar­nen las­sen – sie haben wohl nichts gelernt.

    Wor­an liegt das? Woher die­se gene­rel­le Ver­schie­bung der poli­ti­schen Mit­te nach links? Die Extrem­re­ak­ti­on auf die hor­ren­den Erfah­run­gen mit Rechtsextremismus? 

    In jedem Fall: Wei­ge­re mich strikt, zu gen­dern. Wer gen­dert, ver­steht die ein­fachs­ten Grund­la­gen der deut­schen Spra­che nicht. Wie­der so ein Pseu­do­pro­blem der Wokelinken.

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